Demokratien stehen europa- und weltweit derzeit auf dem Prüfstand. Gleichzeitig verorten sich Museen und andere Institutionen der Kulturvermittlung, Erinnerung und politischen Bildung zunehmend als gesellschaftliche Akteure im Zentrum der Gesellschaft und betonen ihre gesellschaftliche Relevanz: Sie verstehen sich als Aushandlungsorte von Diskursen, sie wollen impulsgebend und inspirierend sein. Das institutionelle Selbstverständnis befindet sich im Wandel, genauso wie die zugeschriebene Rolle durch die Gesellschaft, widergespiegelt in der neuen ICOM-Definition (2022) und zahlreichen Tagungen (zuletzt: ICOM Deutschland 2024; kommend: DMB 2025).
Für die museumswissenschaftliche Forschung sind dabei noch einige Fragen offen:
- Wie hängen die sich wandelnde demokratische Gesellschaft und das sich wandelnde Museumsverständnis zusammen?
- Wie positionieren sich Museen in den sozialen und kulturellen Dynamiken der Demokratien neu?
- Auf welche Weise findet Demokratievermittlung in Museen statt oder kann sie stattfinden?
- Welche Verantwortung tragen Museen für die Gesellschaft?
- Wie sind Museen von der Gesellschaft wechselseitig abhängig, wie interagieren sie?
- Welche Rolle spielt dabei die jeweilige Demokratiegeschichte des Landes?
- Wie spiegelt sie sich in den Museums-Selbstverständnissen, der Museumsarbeit und der Museumskonzeption wider?
- Und welche Handlungsmöglichkeiten ergeben sich daraus für Museen?
Das AHRC-DFG-geförderte Forschungsprojekt „Cultural Dynamics: Museums and Democracy in Motion“ der Universitäten Würzburg und Newcastle, UK beschäftigt sich mit diesen Fragen im deutsch-britischen Kontext und lädt deshalb in dieser online Vortragsreihe Menschen mit Innen- und Außensicht auf „Museums and Democracy in Motion“ ein, über ihre Erfahrungen zu sprechen und diese Fragen zu diskutieren. Als „Tea-and-Coffee–Lecture“ richtet sich das interdisziplinäre Angebot an Studierende der Museologie und anderen Fächern, aber auch dezidiert an Kolleg*innen aus anderen Forschungseinrichtungen, Museen und ähnlichen Institutionen.
Termine
Die Veranstaltung findet an vier Einzelterminen jeweils von 14:15-15:45 Uhr via Zoom statt. Der Beitritt zum Zoom-Meeting erfolgt über den folgenden Link:
https://uni-wuerzburg.zoom-x.de/j/66762997943?pwd=9abo3XDBO8TQunladc52T4hABg7glw.1 (externer Link, öffnet neues Fenster)
Meeting-ID: 667 6299 7943
Passwort: 657649
Jan Stassen, Museum für Werte: „Soziale Infrastruktur für ein besseres Morgen“ (30.10.2024)
In einer Zeit, in der gesellschaftlicher Zusammenhalt und demokratische Werte zunehmend unter Druck geraten, gewinnt soziale Infrastruktur an Bedeutung. Jan Stassen wird in seinem Vortrag Einblicke und Erfahrungswerte aus seiner Arbeit präsentieren. Das Museum für Werte hat es sich zur Aufgabe gemacht, Werte im gesellschaftlichen Kontext erfahrbar zu machen und so einen Beitrag zur Stärkung des sozialen Gefüges zu leisten. Anhand konkreter Beispiele beleuchten wir, wie Orte der Begegnung – sowohl temporär als auch dauerhaft – als soziale Infrastruktur wirken können, um die demokratischen Grundlagen unserer Gesellschaft zu fördern und zu schützen. Weitere Informationen: https://www.wertemuseum.de/de (externer Link, öffnet neues Fenster)
Raphael Seifen, bipar: „Die partizipative Weiterentwicklung der Demokratie. Eine Aufgabe für alle Ebenen“ (4.12.2024)
Die westliche Demokratie stößt in den letzten Jahren immer mehr an ihre Grenzen. Der Aufstieg von (rechts-) populistischen Parteien, die Durchschlagskraft von Fake News und die Verschiebung des Sagbaren bringen demokratische Systeme in Bedrängnis.
Ein Ansatz, dem entgegenzuwirken, ist die Einbindung von Bürger:innen an politischen Entscheidungen im Rahmen von partizipativen Prozessen. Ziel ist es eine partizipative Kultur zu schaffen, in dem die Bürger:innen sich in allen Bereichen, ob politisch, gesellschaftlich oder auch in Institutionen wie Museen und Theatern, einbringen können. Wie das gelingen kann und wie genau eine solche eine partizipative Kultur aussehen würde, stellt Raphael Seifen vom Berlin Institut für Partizipation (bipar) vor. Weitere Informationen: https://bipar.de/das-berlin-institut-fuer-partizipation/ (externer Link, öffnet neues Fenster)
Sarah Traub, DEDG: Ausstellung als Vermittlungsmedium für Demokratiegeschichte. Ziele, Prozesse, Herausforderungen“ (15.1.2024)
Die GEDG (Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte) mit Sitz in Weimar und Mainz wurde im Jahr 2021 gegründet. Das interdisziplinär ausgerichtete Institut arbeitet forscht und vermittelt deutsche Demokratiegeschichte zur Stärkung einer lebendigen Erinnerungskultur und einer dynamischen Wissenschaftskommunikation. Das versucht die GEDG mit verschiedenen Vermittlungsformaten zu erreichen – dazu gehören neben Tagungen, Gesprächsformaten und Initiativen vor allem Ausstellungen. Wie sieht Demokratievermittlung im Alltag aus? Wie kann das Thema durch Vermittlung nachhaltig gestärkt werden? Der Vortrag gibt einen Einblick in die tägliche Praxis in der historisch-politischen Bildung und die Konzeption von Ausstellungen zur Demokratiegeschichte. Weitere Informationen: https://gedg.org/ (externer Link, öffnet neues Fenster)
Claudia Roßkopf, Universität Kassel: „Demokratiebildung als ästhetische Bildung im Museum“ (22.1.2025)
Im Sommer 2024 fand eine Demokratiewoche an der Universität Kassel statt. In diesem Rahmen bot sich die Möglichkeit, mit demokratischen Prozessen und Prinzipien auf unterschiedliche Art zu experimentieren. Anliegen dieser Initiative war, Demokratie zum expliziten Gegenstand universitärer Lehre zu machen, ihre theoretische Vielgestaltigkeit zu diskutieren, sie als gesellschaftliche Macht und institutionelle Praxis kritisch zu befragen. Dazu wurden einerseits anhand von Malerei, Skulptur und Installation ganz praktisch kollektive Verfahren des produktiven Zusammenwirkens erprobt. Ergebnis war die Konzeption und Gestaltung einer gemeinsamen Ausstellung. Andererseits wurden kreative Beteiligungsformate für den Grundschulunterricht entwickelt und getestet, um soziale und politische Teilhabe sowie die Relevanz der eigenen Stimme und Rechte zu erfahren. Dabei wurden Werkzeuge und Methoden sowie die Herausforderungen und die Fragilität der Demokratie verhandelt. Die Erfahrungen daraus bilden den Ausgangspunkt für den weiterführenden Diskurs über Museen als (außerschulische) Orte ästhetischer Bildung, über die Verantwortung von Museen für Demokratiebildung sowie über ihre Möglichkeitsräume unter den gegebenen (oder zu ändernden) Bedingungen. Weitere Informationen: https://www.forschung-kulturelle-bildung.de/ (externer Link, öffnet neues Fenster)