Digitale Barrierefreiheit
Ein Großteil der bayerischen Museen ist zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet. Im Folgenden finden Sie eine Einführung in die Grundlagen sowie gesetzliche Vorgaben.
Aktuelles zum Thema Digitale Barrierefreiheit
Einführungsvideo zur digitalen Barrierefreiheit
Gesetzliche Grundlagen
Mit der Einführung der EU-Richtlinie 2016/2102 (externer Link, öffnet neues Fenster) und deren Umsetzung in nationales Recht sind seit September 2020 alle öffentlichen Einrichtungen verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei umzusetzen.
Öffentliche Stellen umfassen dabei auch Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne der EU-Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (Artikel 2 Absatz 1 Nummer 4 der Richtlinie 2014/24/EU (externer Link, öffnet neues Fenster)). Diese Vorgabe gilt auch für Museen, die beispielsweise überwiegend durch öffentliche Gelder finanziert werden. Zudem wurde die Verpflichtung zu einer Erklärung zur Barrierefreiheit sowie ein neuer Feedback- und Überwachungsmechanismus eingeführt.
In Bayern schreibt das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG (externer Link, öffnet neues Fenster)) fest, wer in Bayern zu einer barrierefreien Umsetzung verpflichtet ist und was barrierefrei umgesetzt werden muss. Die Mindestanforderungen bei der Umsetzung eines barrierefreien digitalen Produkts sind in der Bayerischen E-Government-Verordnung (BayEGovV) definiert. Für die öffentlichen Stellen des Bundes gelten entsprechend die aktuellen Fassungen der Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV (externer Link, öffnet neues Fenster)) und des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG (externer Link, öffnet neues Fenster)).
Durchsetzungs- und Überwachungsstelle
Die Durchsetzungsstelle prüft und vermittelt, falls die Meldung über den Feedbackmechanismus ganz oder teilweise unbeantwortet bleibt. In Bayern übernimmt diese Aufgabe die neu eingerichtete Durchsetzungs- und Überwachungsstelle für die Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen (externer Link, öffnet neues Fenster), angesiedelt beim Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung.
Über die o. g. Prüfung von gemeldeten Mängeln hinaus fungiert diese als Kontrollinstanz. Die beim Bund und in den einzelnen Bundesländern eingerichteten Überwachungsstellen prüfen unabhängig und periodisch die Einhaltung der Barrierefreiheit und berichten an die übergeordneten Stellen. Auf Bundesebene wird die Überwachungsstelle bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit eingerichtet.
Fristen für die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit
Websites öffentlicher Stellen in Bayern müssen spätestens seit September 2020 barrierefrei sein, mobile Anwendungen seit Juni 2021. Für neu erstellte PDFs gilt dies bereits seit September 2018.
Diese Termine gelten auch für die Erklärung zur Barrierefreiheit, die digitale Produkte unabhängig ihrem Grad der Barrierefreiheit enthalten müssen.
Wer ist zur Umsetzung verpflichtet?
Für Bayern gelten die Vorschriften der EU-Webseitenrichtlinie (Richtlinie 2016/2102) für barrierefreies Internet und Intranet nicht direkt, sondern in Gestalt von Art. 14 BayBGG, mit dem der Freistaat Bayern die Richtlinie in Landesrecht umgesetzt hat.
Diese Vorschrift müssen in einer ersten Gruppe alle Museen beachten, die direkt zu einem "Träger öffentlicher Gewalt" gehören. Wer das ist, ist in Art. 9 BayBGG (externer Link, öffnet neues Fenster) definiert: Neben dem Freistaat (z. B. staatliche Museen) auch die Gemeinden & Gemeindeverbände (z. B. Stadtmuseen, Kreismuseen) und sonstige der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts (z. B. von einem Zweckverband oder Bezirk getragene Museen). Nicht erfasst sind insofern die Kirchen.
Kompliziert wird es für eine zweite Gruppe Museen, die nicht direkt zu den o. g. Trägern öffentlicher Gewalt gehören, aber überwiegend (d. h. mehr als 50 % ihrer Einnahmen) von solchen finanziert werden oder ein Leitungsorgan haben, dessen Mitglieder mehrheitlich (d. h. mehr als die Hälfte) von Trägern öffentlicher Gewalt ernannt worden sind. Denn auch sie müssen, wenn sie nicht kommerziell handeln, grundsätzlich die EU-Webseitenrichtlinie beachten. Zu dieser Gruppe können auch kirchliche Museen gehören.
Die Verpflichtung der zweiten Gruppe ergibt sich aus Art. 14 Abs. 2 BayBGG (externer Link, öffnet neues Fenster), der auf eine Definition in der EU-Webseitenrichtlinie verweist, die wiederum auf eine sehr komplizierte Definition in einer anderen Richtlinie (der sog. Vergaberechtskoordinierungsrichtlinie, Richtlinie 2014/24) zurückgreift. Weil es zur Anwendung dieser Verweisungskette im Museums- oder allgemein Kulturbereich bisher weder Rechtsprechung noch juristische Fachliteratur gibt, kann in besonderen Einzelfällen die Verpflichtung eines Museums durch Art. 14 BayBGG schwer zu beurteilen sein.
Als Faustregel für Museen gilt: Wer verpflichtet ist die Vergaberegeln der öffentlichen Stellen einzuhalten, ist auch zur Barrierefreiheit verpflichtet.
Standards der barrierefreien Umsetzung von digitalen Produkten
Die Bayerischen E-Government-Verordnung (BayEGovV) verweist auf die Europäische Norm EN 301 549 (externer Link, öffnet neues Fenster) als anzuwendenden Standard für die barrierefreie Umsetzung. Diese Norm folgt aktuell im Wesentlichen der internationalen Web Content Accessibility Guideline (WCAG (externer Link, öffnet neues Fenster)) 2.1., Level AA. Die Richtlinie für barrierefreie Webinhalte nennt konkrete, technisch unabhängige Erfolgskriterien für eine barrierefreie Umsetzung und umfasst Aufgaben für Design, Redaktion (Content) und Programmierung.
So steht z. B. im Erfolgskriterium „1.4.1 Verwendung von Farbe” der WCAG 2.1 zusammengefasst, dass Farbe nicht als einziges visuelles Mittel verwendet werden darf, um Informationen zu vermitteln, eine Handlung anzuzeigen, eine Reaktion hervorzurufen oder ein visuelles Element zu unterscheiden. So ist ein blauer Textlink in einem schwarzen Text nicht barrierefrei: Wenn die Farben nicht unterschieden werden können, kann der Link nicht identifiziert werden. Deshalb muss ein weiteres visuelles Merkmal hinzugefügt werden – typisch für einen Link ist eine Unterstreichung, aber auch andere Gestaltungen können gewählt werden. Dieses zusätzliche visuelle Merkmal macht den Link nutzbar für farbenblinde und farbsehschwache Menschen oder auch für Menschen, die monochrome Geräte (wie einen E-Book-Reader) verwenden. Falls eine Anforderung nicht von der WCAG abgedeckt wird, verweist die Norm auf den „Stand der Technik”.
Was muss barrierefrei umgesetzt werden?
Betroffen von den o. g. gesetzlichen Vorgaben sind Internet- sowie Intranetauftritte und -angebote, mobile Anwendungen einschließlich Dateien wie z. B. PDFs oder Videos sowie mit Mitteln der Informationstechnik erstellte grafische Benutzeroberflächen. Es gibt Ausnahmen, etwa für Reproduktionen von Stücken aus Kulturerbesammlungen. Außerdem beinhaltet das Gesetz eine Ausnahmeregel, falls die barrierefreie Umsetzung zu einer unverhältnismäßigen Belastung führt. In diesem Fall kann der Umfang der barrierefreien Gestaltung entsprechend reduziert werden. Zeitnot, andere Prioritäten, fehlendes Wissen sowie die Angabe, dass behinderte Menschen das Produkt nicht nutzen würden, sind keine Begründungen für eine Ausnahme.
Erklärung zur Barrierefreiheit
Alle öffentlichen Stellen des Landes haben die Verpflichtung, eine "Erklärung zur Barrierefreiheit" auf der Website, im Intranet und bei der Applikation zu veröffentlichen. In dieser Erklärung muss angegeben werden, inwieweit die Barrierefreiheit nach BayBGG und BayEGovV eingehalten wird; außerdem enthält sie einen Feedbackmechanismus für die Meldung von Mängeln und einen Hinweis zur Schlichtungs- bzw. Durchsetzungsstelle.
Tipps zur Erstellung einer Barrierefreiheitserklärung
Leichte Sprache und Gebärdensprachvideos
Die Verordnung gibt vor, dass bestimmte Websites Inhalte in Leichter Sprache und in Deutscher Gebärdensprache (DGS) abbilden müssen. Da die Leichte Sprache über eigene feste Regeln verfügt, sollte die Anfertigung von Übersetzungen auch hier durch spezialisierte Dienstleistungsunternehmen erfolgen. Die minimale Umsetzung beinhaltet jeweils eine Seite in Leichter Sprache und eine Seite mit den Gebärdensprachvideos. Diese Seiten werden meist im Kopfbereich der Website verlinkt.
In Leichter Sprache und in DGS sind folgende Inhalte anzubieten:
- Informationen zum wesentlichen Inhalt der Website
- Informationen zur Navigation
- eine Erläuterung der Erklärung zur Barrierefreiheit
- ggf. ein Hinweis auf andere Inhalte der Website oder Applikation in Leichter Sprache und in DGS
Weiterführende Links und Ressourcen
Grundlagen
Linktipps
- BIK für Alle - Online-Portal mit hilfreichen Tipps zur Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit auf Websites, u.a. zu rechtlichen Grundlagen, zur barrierefreien Online-Redaktion, Videos zu barrierefreiem Webdesign oder Tests auf Barrierefreiheit.
- Informationen zur EU-Webseitenrichtlinie der Bundesfachstelle Barrierefreiheit
- Fachportal der Aktion Mensch zur digitalen Barrierefreiheit
- Einfach für Alle - Das Angebot der Aktion Mensch für barrierefreies Internet
- Handreichung zu digitaler Barrierefreiheit des Museumsverbandes Brandenburg (PDF, barrierefrei)
- Digital barrierefrei - Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer mit Infothek und Tutorials
- Informationen zum barrierefreien Kommunikationsdesign auf Leserlich.info (mit Kontrast- und Schriftgrößenrechner)
- Leidmedien.de: Onlineportal zur klischeefreien Berichterstattung über Menschen mit Behinderungen
- Video-Training Medienarbeit inklusiv-barrierefrei der SOZIALHELD*INNEN Akademie im Rahmen des Digital Accessibility Summits 2021
- Overlay-Tools – Unterstützung oder Barriere beim Surfen im Web? - Teilhabe 4.0 Toolbox
-
5 Tipps für barrierefreie Videos für blinde und sehbehinderte Menschen
Barrierefrei posten in Social Media
Ebenfalls zu den digitalen Angeboten von öffentlichen Einrichtungen gehören ihre Präsenzen in Social Media. Zwar werden hier die technischen Rahmenbedingungen von Dritten vorgegeben, aber dennoch stehen Redaktionen einige Optimierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Mittlerweile bieten viele Plattformen grundlegende Funktionen für Barrierefreiheit an: Zum Beispiel Alternativtexte für Bilder. Dazu gehören unter anderem Instagram, Facebook, Twitter/X und Pinterest.
Tipps für barrierefreie Social Media-Posts
Es gibt einige allgemeine Empfehlungen, um besser zugängliche Inhalte für Nutzende zu erstellen:
- Lassen Sie jedes neue Wort in einem Hashtag mit einem Großbuchstaben beginnen, z.B. #MuseeInBayern statt #museeninbayern. Diese Schreibweise wird Camel Case genannt.
- Schreiben Sie leicht verständliche Texte mit den wichtigsten Informationen am Anfang sowie Emojis und Hashtags am Ende.
- Fügen Sie Alternativtexte zu Bildern hinzu. Mit einem "B!" oder #BiBesch (Abkürzung für Bildbeschreibung) im Post signalisieren Sie anderen Nutzenden, dass hier ein Alternativtext hinterlegt wurde.
- Bieten Sie Untertitel für Videos an.
Linktipps
- Initiative Barrierefrei Posten (externer Link, öffnet neues Fenster)
- Vier einfache Regeln für Bildbeschreibungen (Alternativtexte) in Social Media (externer Link, öffnet neues Fenster)
- Bildbeschreibungen auf Twitter – Teilhabe ermöglichen (externer Link, öffnet neues Fenster)
- Untertitel-Standards von ARD, ORF, SRF und ZDF (externer Link, öffnet neues Fenster)
Videokonferenzen und digitale Veranstaltungen
Hinweise
Die Hinweise stellen keine Rechtsberatung dar. Stand: 08.02.2021; Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern/ mindscreen GmbH.
Ansprechperson
Anna Blenninger M. A.
Digitale Kommunikation und Strategie der Landesstelle; Digitale Barrierefreiheit
- Telefon:
- +49 173 8616822